DDR-Oberliga 1990/91 – 2.Spieltag

OL 90-91 2. Spieltag Fuwo 34 aus 1990 vom 20.08.1990

Die Lage

Hallo, Erfurt weiter vor!

Erfurt bleibt weiter auf Siegkurs! Wie 1981/82 (Cottbus 5:0 und Dresden 4:0) starteten die Rot-Weißen auch diesmal mit zwei Siegen und verteidigten die Tabellenspitze. Geradezu sensationell dabei: im Vorjahr war den Thüringern nicht ein Auswärtssieg ge- lungen (zuletzt hatten sie mit 2:1 am 25. März 1989 beim FC Berlin gewonnen). Nun revanchierten sich die Erfurter mit dem 2:1 für die 0:3-Schlappe vom letzten Jahr in Halle.

Meister Dresden konnte dagegen den 2:0-Auftaktsieg gegen Jena nicht bestätigen. Auch im siebten Heimspiel gegen Dynamo ließ sich Stahl nicht bezwingen. Im Gegenteil, wie 1987/88 erlebte Dresden ein böses 1:4-Debakel. Dresden enttäuschte auf der ganzen Linie. Mit Konterfußball überzeugte auch Rostock in Jena. Mit einem derartigen Fehlstart (0:5 Tore, 0:4 Punkte) dürfte Jenas Trainer Stange kaum gerechnet haben.

Im Gegensatz zum Punktspielstart, als den Gästen kein Sieg gelungen war, nahmen sie am Wochenende gleich drei mit auf die Heimreise (8:9-Tore und 7:7-Punkte) – nämlich Erfurt, Rostock und Cottbus. Und das ausgerechnet mit 2:1 beim FC Berlin, der im 13. Heimspiel gegen die Lausitzer zum erstenmal unterlag (bisher 8 Siege, 4 Unentschieden, 35:10 Tore, 20:4-Punkte). Zwei Niederlagen zwingen die Berliner schon jetzt zu einer nerven belastenden Aufholjagd.

Der große Trumpf des Chemnitzer FC ist offensichtlich seine starke Deckung. In Leipzig 0:0, nun gegen Aufsteiger Frankfurt 2:0 im 55. Aufeinandertreffen beider Vereine. Auf den kompromißlosen Abwehrblock setzt auch Trainer Böhme beim 1.FC Lok. Dem 1:1 in Magdeburg folgte im heißumkämpften Leipziger Derby ein 1:0- Strafstoßsieg gegen den FC Sachsen.

Und wie fast zu erwarten nach den 14 Unentschieden im Vorjahr: Eisenhüttenstadt erreichte nach dem 1:1 beim Saisonauftakt vor einer Woche in Rostock im Heimspiel gegen Magdeburg mit einem 0:0 die zweite, auch diesmal hochverdiente Punkteteilung.

Fakten und Zahlen

32 928 Zuschauer (4 704 im Schnitt pro Spiel) sahen die Spiele der 2. Runde. Gesamtresonanz: 87 828 (6 273 pro Spiel)

17 Tore (2,43 pro Spiel) erhöhten die Gesamttrefferzahl auf 35 (2,5 pro Spiel).

Gelbe Karten (24/ insgesamt 49) an Penneke, Schülbe (beide Halle), Konik, F. Dünger (beide Erfurt), Neupert (Eisen- hüttenstadt), Gerlach, Cebulla, Schneider (alle Magdeburg), Eschler (Jena), Schlünz, Alms, März (alle Rostock), Bar- sikow (Chemnitz), Prause, Woyde (beide Frankfurt), Maucksch, Stübner (beide Dresden), Kracht, Hobsch (beide 1. FC Lok), Leitzke, Ferl, Baum (alle FC Sachsen) sowie an Reich und Chaloupka (beide FC Berlin).

Rote Karten sahen Ludwig (Jena) und Saager (1. FC Lok); nach dem Feldverweis für Hause (FC Vorwärts) zum Auftakt bereits der 2. und 3. Feldverweis. Seit ’49/50 notierten wir 336 Herausstel- lungen. Die meisten sprachen Kirschen (Frankfurt/18) und Glöckner (Leipzig/17) aus.

Statistik

Der BSV Stahl Brandenburg verbesserte seine Heimbilanz gegen Dresden nach 7 Spielen auf 3 Siege, 4 Unentschieden, 17:10 Tore und 10:4 Punkte. Im Vorjahr gelang Stahl kein Sieg gegen Dynamo (2:3, 2:2).

Die Negativbilanz von Energie Cottbus beim FC Berlin: 12 Spiele, 4 Unentschieden, 8 Niederlagen, 10:35 Tore, 4:20 Punkte. Nach dem 1:1 im Vorjahr in Berlin gelang Cottbus nun der 1. Sieg (2:1).

Sein 100. Punktspieltor schoß der Dresdner Ralf Minge in Brandenburg.

Dieter Kühn (FC Sachsen) bestritt im Leipziger Derby sein 280. Punktspiel.

Spieler des Tages

Armin Romstedt- Stratege und Vollstrecker

Die Art und Weise, wie er seine Erfurter Elf in Halle zum Sieg schoß, war beeindruckend. Nach zwölf Minuten jagte Armin Romstedt den Ball gegen den rechten Innenpfosten, blitzschnell aus dem Rückraum kommend, gelang ihm in der 55. Minute mit überlegtem Flachschuß schließlich der Siegestreffer. Lob über Lob für den fuwo-Spieler des Tages mit einer redlich verdienten Formnote 8 (sehr gut). Nur wenige Spieler beherrschen wie er den Ball auch bei hohem Tempo“, so sein Trainer Lothar Kurbjuweit. Armin Romstedt über sich und die Zukunft der Mannschaft: Endlich gab es für mich in der Vorbereitung auf die neue Saison einmal keine ernsthaften Verletzungsprobleme. Ich fühle mich topfit, will das von Spiel zu Spiel beweisen. Unsere Devise: vorn mitmischen!“

Romstedts Klasse, sein strategisches Können, sind unbestritten. Aber kann der 33jährige Mittelfeldspieler den Härtetest einer langen Saison auch physisch durchstehen? Abwarten! Wer 242 Oberligaspiele hinter sich hat, versteht sich auf rationellen Fußball, weiß seine Kräfte richtig einzuteilen. Auch und vor allem dann, wenn es vielversprechende Schußpositionen vor dem Tor des Gegners zu erreichen gilt. Bisher gelangen ihm 53 Oberligatreffer. Wieviele folgen in der laufenden Serie noch? Romstedts Antwort mit vielsagendem Lächeln: ,,Das bleibt mein Geheimnis!“

Wie stark ist Erfurt denn nun wirklich?

Hallescher FC Chemie-FC Rot-Weiß Erfurt 1:2 (1:1)

Von DIETER BUCHSPIESS

Wie stark ist diese Erfurter Mannschaft nach ihrem zweiten Saisonsieg eigentlich einzuschätzen? Besitzt sie tatsächlich schon die spielerische Klasse, um die erste Bundesliga anzusteuern? Erfurts Trainer Lothar Kurbjuweit: „Ich hüte mich davor, schon jetzt darauf eine Antwort zu geben. Aber auf jeden Fall wollen wir den vermeintlichen Favoriten die Stirn bieten.“ Welche Aufschlüsse gab der zweite Saison-Sieg in Halle?

Die Abwehr: Der sachlich-ruhige Stil des neuen ungarischen Torhüters Disztl ließ Halles Angreifer verzweifeln. Libero Frank Dünger hat viel Erfahrung und deshalb das Gespür, wann er die Räume schnell schließen muß. Gegen Halle bewies er auch Qualitäten in der Offensive. Die Vorzüge von Sänger und Bühner, den beiden Manndeckern, lagen gegenüber Nowotny und Schülbe in der Antrittsschnelligkeit.

Das Mittelfeld: Ein Mann wie Romstedt kann sich mit jedem anderen Spieler in unserer Oberliga messen! Sowohl Schön als auch später Wüllbier sahen zumeist nur die Hacken des Mittelfeldregisseurs und zweifachen Torschützen. An seiner Seite trieben Linke und Nemec immer wieder zum Tempo. Hervorragende Aufgabenverteilung, wie auch Halles Trainer Bernd Donau anerkannte.

Der Sturm: Großartig, wie sich die beiden Angriffsspitzen entwickelt haben. Mit dem Ball am Fuß, ohne Angst vor Zweikämpfen, stürzten sie Halles Deckung mit dem viel zu unbeweglich wirkenden Penneke von einer Verlegenheit in die andere. Vogels Dribbling auf der linken Seite mit dem vorbereitenden Paß auf Romstedt zum 2:1 war dafür typisches Beispiel.

Die Frage, die bisher unbeantwortet blieb: Wie reagiert der Spitzenreiter, wenn er härter gefordert wird?

Spiel-Statistik

Auswechslungen: Halle: Machold 3 ab 46. für Schön; Erfurt: Baumbach 5 ab 54. für Räthe, St. Dünger 1 ab 81. für Nemec.

Torfolge: 0:1 Romstedt (12.), 1:1 Wawrzyniak (41., Foulstrafstoß), 1:2 Romstedt (55.).

Zuschauer: 5 000.

Spielwertung: 6; Torschüsse: 8:10 (3:5); verschuldete Freistöße: 22:12 (9:8); Eckbälle: 9:3 (4:1); Chancen: 3:6 (1:3): Abseits:2:2 (1:2):

Verwarnungen: Halle: Penneke (wegen Auflaufenlassens), Schülbe (wegen verbotenen Spiels);

Erfurt: Konik, F. Dünger (beide wegen Tretens):

Schiedsrichter: Eßbach (Leipzig). Alles andere als ein Souverän! Wirkte unruhig, traf zu viele unklare und zudem verzögerte Entscheidungen. Strafstoß gegen Erfurt (Disztl blockte Schülbe ab)? Nie und nimmer.

Kommentar

Klare strategische Aussage des nach Spielschluß strahlenden Erfurter Trainers Lothar Kurbjuweit: „Bevor ich über die Fehler anderer spreche, suche ich sie erst einmal bei uns selbst.“ Ausgangspunkt: der zum Aus- gleich führende Strafstoß. Unmittelbar Beteiligte: Torhüter Disztl und Sänger mit zu laschem Zu- und Rückspiel am eigenen Strafraum. Nutznießer: Schülbe. So etwas darf unseren Routiniers nicht passieren. Das Eßbach dann aus 60 Meter Entfernung höchst fragwürdig entschied, steht auf einem ganz anderen Blatt.“ Klar, korrekt! Erfurts Leistungsanstieg war für jeden der 5 000 Zuschauer unverkennbar.

Reinders:.. Jetzt nur nicht durchdrehen“

FC Carl Zeiss Jena-FC Hansa Rostock 0:3 (0:0)

Von MATTHIAS FRITZSCHE

„Wir wurden klassisch ausgekontert. Rostocks Sieg geht auch in dieser Höhe voll in Ordnung.“ Bittere Erkenntnis von Jenas Trainer Bernd Stange. Nun steht er mit seiner Mannschaft mit dem Rücken zur Wand. 0:4 Punkte, 0:5 Tore nach zwei Spielen.

Entscheidend für den Ausgang des Spiels war die Rote Karte für Jenas Ludwig. Ein unrühmlicher Schlusspunkt unter eine schwache erste Halbzeit.

Danach wurde das Spiel besser. Geschickt nutzte Rostock den Vorteil elf Mann gegen zehn. Allein durch Kampf und Einsatz gelang es Jena nicht, den Ausfall wettzumachen, zu viele, insbesondere Bürger, blieben unter ihren Möglichkeiten. Kapitän Raab (Infekt) wurde schmerzlich vermißt.

Ein Konter wie aus dem Lehrbuch brachte die Rostocker Führung. Tor- hüter Kunath spielt kurz auf Babendererde. Der überläuft auf dem rechten Flügel das gesamte Feld und die Jenaer Abwehr, präzise Flanke, und Weichert hat keine Mühe, einzuköpfen. Jena setzte nun alles auf eine Karte. Libero Peschke schaltete sich immer wieder in den Angriff ein, hinterließ aber in der Abwehr eine Lücke. In diese stießen die Rostocker Konter. In die beste Phase der Jenaer hinein (Chancen für Peschke 61., 65., 68.) kam der k.o. Nach Vorarbeit von Lässig verwandelt Röhrich überlegt. Der Widerstand der Jenaer war gebrochen, das 3:0 kam folgerichtig.

„Wir sind mit dem Ziel nach Jena gekommen, zu gewinnen. In der zweiten Halbzeit hat meine Mannschaft klug und clever gespielt. Nun dürfen wir nicht durchdrehen, denn durch die Rote Karte war es kein normales Auswärtsspiel“, meinte ein zufriedener Rostocker Trainer Uwe Reinders.

Spiel-Statistik

Auswechslungen: CZ Jena: Weber 2 ab 65. für Bürger, Menzel ab 89. für Lesser 1; Rostock: Fuchs 4 ab 66. für Weichert, Finck 2 ab 83. für Schlünz.

Zuschauer: 2 500 im Ernst-Abbe-Stadion Jena.

Spielwertung: 5. Torschüsse: 3:6 (0:1): verschuldete Freistöße: 15:22 (8:8): Eckbälle: 9:2 (2:0); Abseits: 3:9 (1:3);

Platzverweis: Jena: Ludwig wegen Haltens;

Verwarnungen: Jena: Eschler; Rostock: Schlünz, Alms, März alle wegen Foulspiels;

Schiedsrichter: Supp (Meiningen).

Rote Karte sowie die Gelben Karten berechtigt, in Kleinigkeiten unsicher.

Kommentar

Zwei Dinge erinnerten an die WM. Zuerst dies: Völlig frei läuft Rostocks Stürmer Florian Weichert auf das Jenaer Tor zu. Thomas Ludwig bekommt ihn nur noch am Trikot zu fassen Rote Karte! Eine richtige – Entscheidung“, so Rudi Glöckner, Vorsitzender der DFV-Schiedsrichterkommission. Bei der WM wurden diese Bewertungsrichtlinien gesetzt. Und dann eine zweite Szene: Zweimal mußte Jenas Torhüter Perry Bräutigam weit aus seinem Tor laufen. Zwei, drei Haken, ein genauer Paß und zwei  Rostocker schauten verdutzt! Wie Kolumbiens WM-Torhüter Higuita, dessen Name sofort auf der Tribüne genannt wurde.

Berlins Trainer Rohde:,,Mir ist das meiste rätselhaft“

FC Berlin-FC Energie Cottbus 1:2 (1:0)

Von ROLF DIETZ

Es heißt ja, man solle ein schlechtes Spiel so schnell wie möglich vergessen. Bloß nicht, dann würden sich FC Berlin und Cottbus einen schlechten Dienst erweisen. Denn angesichts dieser groben Niveaulo- sigkeit muß in Berlin und auch beim Sieger Cottbus viel getan werden. Vergessen wäre wie Sand in die Augen streuen.

Dabei schien es zunächst, als könnten die Berliner die 0:4-Auftaktpleite in Erfurt vergessen machen. Im Sturm sorgten Rehbein und Bonan für viel Betrieb, in der Abwehr räumten (zunächst) Reich und Co. auf.

Eine Halbzeit lang kamen die steif wirkenden Hünen in der Cottbuser Deckung mit den Berliner Wirbelwinden nicht zurecht. Rehbein hatte schon in der 3. Minute eine Riesenchance, Bonan folgte mit weiteren. Beide sorgten dann auch für die Führung (19.). Bonan bediente Reh- bein, der mit der Fußspitze den Ballnins Tor bugsierte. Fügner (48.) konnte per Kopf das 2:0 besorgen. Statt- dessen traf er nur die Latte.

Nach der Pause drehten die Gäste den Spieß langsam, aber sicher um. Begünstigt durch unerklärbare Dummheiten von Küttner und dem herauslaufenden Torwart Kosche erzielte F. Lehmann aus 20 Metern das 1:1. Damit geriet bei den Berlinern alles durcheinander, zumal sich Reh- bein und Bonan müde gelaufen hat- ten. Es paßte ins Bild der nur noch auf ein Unentschieden spielenden Berliner, daß sich ihr Schicksal eine Minute vor dem Abpfiff vollendete. Ein straffer 20-Meter-Freistoß fand den Weg ins Tor, unter dem sich falsch werfenden Kosche.

Trainer Peter Rohde blieb, wie schon beim 0:4 in Erfurt, das meiste in meiner Mannschaft rätselhaft“. Sein Kollege Fritz Bohla befand selbstkritisch, daß es eigentlich gut war, wenn dieses schlimme Spiel nicht mehr Zuschauer sahen…“

Spiel-Statistik

Auswechslungen: Berlin: Ksienzyk ab57. für Buder, Anders ab 58. für Küttner; Cottbus: Sander ab 65. für Vogel, Rother ab 83. für Besser

Torfolge: 1:0 Rehbein (19.), 1:1 Lehmann (53.), 1:21. Schneider (89.); Zuschauer: 1478;

Spielwertung: 4; Torschüsse: 10:14 (8:6); verschuldete Freistöße: 19:23 (9:12); Eckbälle: 6:8 (5:3); Chancen:4:4 (3:1); Abseits: 4:1 (3:1)

Verwarnungen: Berlin: Reich, Chaloupka (beide wegen Foulspiels)

Schiedsrichter: Bußhardt (Chemnitz). Aufmerksam, sicher und immer auf Ballhöhe. Bei nur zwei Verwarnungen keine Proble me für ihn.

Kommentar

Im prächtig ausgestatteten „Stadionmagazin“ des FC Berlin meldet sich Trainer Rohde zu Wort. Da sagt er, daß man sich keineswegs mit den Plätzen drei bis sechs zufrieden geben wolle. Der Blick gehe vielmehr ganz nach vorn, bis hin zu Chemnitz und Dresden. Solchen Sprüchen trauten die Berliner Fußballfans offenbar doch nicht. Schließlich hatte es zum Auftakt der Saison die peinliche Schlappe in Erfurt gegeben. So kamen denn nur 1 478 (davon etwa 1 100 zahlende) Zuschauer. Dabei hat Berlins Manager Bogs einen Schnitt von 3 000 Zuschauern errechnet, der fürs Überleben notwendig ist. Will man beim FC Berlin nicht ständig eine solch traurige Kulisse haben, muß zunächst mal die Leistung wieder stimmen aber Nachholbedarf gibt es auch bei Service und Werbung!

Zum Schluß gegen den Meister im Spielrausch

BSV Stahl Brandenburg-1. FC Dynamo Dresden 4:1 (1:1)

Von PETER HENNIG

Brandenburgs Fußballanhänger strahlten vor der Partie gegen den Meister ungeheuren Optimismus aus. Wer sich umhörte, dem wurde sogar mit voller Überzeugung ein 3:1-Ergebnis genannt. Im Programm wurde so- gar die Statistik manipuliert“. In einem Bildtext war zu lesen, daß es beim letzten Heimspiel einen Sieg gegeben hatte, tatsächlich war’s ein 2:2. Fazit der Stimmung: Man wollte es den Dresdnern zeigen.

44 Minuten sah es allerdings nicht so aus. Der deftige Rückenwind sorgte zwar für Feldüberlegenheit, doch dicke Chancen ließen zunächst auf sich warten. Als sie dann vor allem bei Freistößen und zwei Kopfbällen nicht genutzt wurden, stellte Dresden die Partie auf den Kopf. Der erste richtige Konter führte zum 0:1. Minge erzielte nach Eingabe von Wagenhaus seinen 100. Oberliga-Treffer. Als alles schon an den Pausen-Kaffee dachte, setzte sich aber Brandenburgs Jeske zum 1:1 durch.

In der zweiten Hälfte wurden für Trainer Eckhard Düwiger Träume wahr. Der dafür sorgte, hieß Jörg Blüthmann. Er sprühte plötzlich vor Ehrgeiz, ging Riesenwege, versetzte die Dresdner mehrfach. Bei seiner Auswechslung erhielt der 24jährige Ex-Reinickendorfer Sonderbeifall. Erst nach gut 70 Minuten versuchte sich der Meister noch einmal aufzuraffen. Doch ohne Linie (Scholz, Stübner). Das nutzte Brandenburg nach kurzer Zitterphase konsequent. So ging Dresden am Ende unter.

Trainer Düwiger bezeichnete die zweite Halbzeit als eine „Sternstunde“. Zum Schluß verfielen wir in einen kämpferischen und spielerischen Rausch, an dem auch die Zuschauer ihren Anteil hatten.“

Spiel-Statistik

Auswechslungen: Brandenburg: Pfahl ab 72. für Blüthmann, Lange ab 79. für Schulz;

Dresden: Radtke ab 58. für Gütschow.

Torfolge: 0:1 Minge (39.), 1:1 Jeske (45.), 2:1 Blüthmann (50.), 3:1 Janotta (83.), 4:1 Pfahl (87.).

Zuschauer: 5 500;

Spielwertung: 6; Torschüsse: 14:4 (7:2); verschuldete Freistöße: 15:20 (7:13); Eckbälle: 7:1 (3:0); Chancen: 10:4 (5:2); Abseits: 2:3 (0:2);

Verwarnungen: Brandenburg: keine;

Dresden: Maucksch wegen Foulspiels, Stübner wegen Ballwegschlagens;

Schiedsrichter: Gläser (Breitungen). Hatte in einer insgesamt fairen Partie wenig Mühe. Bei Stübners Gelb hätte vielleicht auch eine Ermahnung genügt.

Kommentar

In dieser Verfassung sollte für Stahl Brandenburg der Tabellen-Wunschplatz sechs und damit die direkte Qualifikation für die zweite Bundesliga kein unmögliches Ziel sein. Dresdens Meistertrainer Reinhard Häfner zollte dem Sieger dann auch ehrliche Anerkennung: ,,Brandenburg hat aus einer sicheren Abwehr heraus gespielt, eben einfach so, wie Fußball gespielt werden soll.“ In seiner eigenen Mannschaft blieben zu viele unter normalem Niveau. Freilich war auch an diesem Satz Häfners etwas dran: „Wer weiß, was geworden wäre, wenn unmittelbar nach dem 1:0 der Ex-Kaiserslauterer Allievi die Chance zum zweiten Tor genutzt hätte…“ Ja, dieses berühmte,,Was wäre wenn“.

Ziel nicht erreicht – aber zufrieden

Eisenhüttenstädter FC Stahl-1. FC Magdeburg 0:0

Von JÖRG FORBRICHT

Wer ein Spiel mit dem Eisenhüttenstädter FC Stahl besucht, muß sich auf ein Unentschieden gefaßt machen. Dennoch machte Trainer Günther Reinke vor der Partie kein Hehl aus der Absicht, gegen die Magdeburger beide Punkte zu holen.,,Das klingt zwar hoch gegriffen, aber so muß man in dieser letzten Oberliga-Saison rangehen.“

Mit Elan gingen seine Spieler daran, dieses Ziel zu erreichen: Bereits in der 5. Minute prüfte Neupert mit einem sehenswerten 30-m-Schuß, von Libero Stahmann noch abgefälscht, Torhüter Heine. Nur zwei Minuten später wurde sein Gegenüber ebenfalls vom eigenen Vordermann Szangolies – vor der Partie als,,Fußballer des Jahres“ des Klubs geehrt auf die Probe gestellt. Rudwaleit klärte zur Ecke. Dies blieb die einzige Chance für die Magdeburger.

Meine Mannschaft hat das Spiel fast durchweg kontrolliert, war eifrig, ließ in der Abwehr wenig zu und machte nach vorn Druck“, meinte Trainer Reinke hinterher und fuhr fort: „Das mannschaftlich geschlossene Spiel meiner Mannschaft hat mich überzeugt.“ Was fehlte, war ein Treffer. Dieser gelang deshalb nicht, weil die Magdeburger im Abwehrzentrum konsequent zur Sache gingen. Dirk Stahmann wurde zur rechten Zeit wieder gesund. Gegen die kopfballstarken Szangolies und Kluge war er sehr wertvoll für uns“, bilanzierte Magdeburgs Trainer Mewes.

Was dennoch an Stahmann vorbeikam, wurde sichere Beute des guten Torhüters Dirk Heyne. Beide Trainer lobten die Langen“ – Heyne, Stahmann auf der einen, Szangolies und Kluge auf der anderen Seite. Letzterer ließ Rösler kaum zur Geltung kommen. Gefahr für das Gäste-Tor kam bei Freistößen von Szangolies auf. „Obwohl wir den angestrebten doppelten Punktgewinn nicht erreichten, bin ich insgesamt zufrieden“, so Reinke.

Spiel-Statistik

Auswechslungen:

Eisenhüttenstadt: Lahn 3 ab 58. für Neupert, Ivanko 1 ab 75. für J. Wittke: Magdeburg: P. Köhler 1 ab 79. für Dobritz, Laeßig 1 ab 86. für Schwerinski.

Spielwertung:4; Torschüsse: 15:4 (6:2); verschuldete Freistöße: 17:25 (7:13); Eckbälle: 10:2 (5:2); Chancen: 8:1 (4:1); Abseits: 2:1 (1:0);

Verwarnungen: Eisenhüttenstadt: Neupert; Magdeburg: Gerlach, Cebulla, Schneider (alle wegen Foulspiels)

Schiedsrichter: Haupt (Berlin). Das Schiedsrichtertrio hatte mit dieser fairen Auseinandersetzung keine Mühe Haupt begann sehr großzügig, pfiff später berech tigt etwas mehr, um keine Unruhe aufkommen zu lassen.

Kommentar

In einer Partie mit wenig Höhepunkten setzte Eisenhüttenstadt die entscheidenden Akzente, erarbeitete sich die besseren Torchancen. Das Geschehen wurde von den auf beiden Seiten überzeugenden Abwehrreihen bestimmt, die stellungssicher und zweikampfstark wirkten. Zwischen beiden Strafräumen gab es viel Leerlauf, oft durch Fehlpässe oder unpräzise Endpässe aus dem Mittelfeld heraus begünstigt. Beide Trainer sprachen nach der Partie von einem abwechslungsreichen Spielgeschehen mit gerechtem Ausgang. Magdeburgs Mewes: Uns fehlt zur Zeit noch die klare spielerische Linie, Döbritz ist noch nicht hundertprozentig fit, Gerlach und Minkwitz haben sich auch noch nicht so wie gewünscht ergänzt. Landrath wurde erstmals im Mittelfeld eingesetzt. Daraus ergeben sich Umstellungsprobleme.“ Fazit: Magdeburg konnte in Eisenhüttenstadt erneut nicht gewinnen, der Gastgeber blieb seiner Unentschieden- Tradition treu.

Arme Sachsen mit 11 gegen 10 noch verloren!

Von DIETER BUCHSPIESS

Aus Mittelfeldspieler Damian Halata vom 1. FC Lok Leipzig ist nach Jahren immer kritisierter Wankelmütigkeit doch noch ein Vollblutfußballer geworden. Er hat begriffen, daß ein Spieler mit überdurchschnittlichen technisch-taktischen Fähigkeiten wie er ohne das entsprechende Kämpferherz wirkungslos bleibt. Nach dem Leipziger Derby stöhnte er: „Daß ich in den letzten Minuten sogar noch die Bälle aus dem eigenen Strafraum schlagen mußte, um den knappen Vorsprung über die Zeit zu retten, strapazierte meine Kräfte allerdings total.“ Tatsächlich, Halata hatte seine Kräfte mit zahlreichen Dribblings und Sturmläufen bis hin zur spielentscheidenden Situation in der 70. Minute aufgebraucht. Da blieb Sachsens Abwehrspieler Härtel keine andere Wahl, als Halata im Strafraum von den Beinen zu holen. Elfmeter, und 1:0.

Jubelstimmung also in der Lok- Kabine. Mit zehn Mann haben wir resoluter gespielt, dem Gegner mit schnellen Kontern immer wieder Angst und Schrecken eingejagt“, anerkannte Lok-Präsident Peter Gießner und lobte in einem Atemzug die vorbildliche taktische Disziplin seiner früh dezimierten Mannschaft.

Die Reaktion des Torschützen Mathias Lindner: „Ich war beim Elfmeter überzeugt davon, Müller irritieren zu können.“ Genau, wie es dann auch kam. Nur einer stand abseits, und das mit feuchten Augen: Ingo Saager. „Ich bin fassungslos, wie mir das passieren konnte.“ Man spürte, daß er es ehrlich meinte. Das war passiert:

28. Minute: Von Kühn mit einem Paß bedient, löste sich Ferl halblinks, zog mutterseelenallein auf Loks Tor zu. Wenige Meter außerhalb des Strafraums rammte ihn Torwart Saager regelrecht in den Boden. Ein Zögern wäre unvertretbar gewesen“, so FIFA- Schiedsrichter Siegfried Kirschen, der folgerichtig die Rote Karte zog. Was nun Lok? Mir standen die Schweißperlen auf der Stirn, als ich mich für die Herausnahme von Mittelfeldspieler Trommer entschied und Kischko als neuen Schlußmann ins Spiel brachte“, gestand Trainer Gunter Böhme später. Wenig später dann ein weiterer Schock gewissermaßen als Zugabe: Am Oberschenkel getroffen, humpelte Verteidiger Ronald Kreer in die Kabine. Nach 39 Minuten hatte Lok Leipzig das Soll von 13 Spielern aufgebraucht.

Hartwigs Fehlgriff

Was geschah zur Pause? Durchbeißen, individuelle Stärken ausspielen“, so Trainer Böhme an seine Lok-Spieler. Was hingegen Sachsens Jimmy Hartwig tat, stellte strategische Qualitäten ernsthaft in Frage: Angreifer Dieter Kühn ging, der oberliga-unerfahrene Jörg Kir- sten kam. Ein Fehlgriff, der unverzeihlich war! Und so spielte der FC Sachsen mit der zahlenmäßigen Überlegenheit überwiegend verhalten, anstatt aggressiv, kam erst in der Schlußphase mit Hilfe des sich nun ausschließlich im Mittelfeld tummelnden Liberos Baum zu leichten optischen Vorteilen. Auch und vor allem deshalb, weil Kirsten in seinem ersten Oberligaspiel keine Bindung fand. Was Hartwig über den Satz hinaus ich bin dennoch nicht unzufrieden“ durchaus zu selbstkritischer Haltung hätte anregen müssen.

Höhepunkte blieben später rar, Ballverluste hingegen häuften sich. Mittelmäßigkeit hielt Einzug, in Tornähe bekam mancher das große Zittern (Hobsch, Rische). Nur Mittelfeldspieler Halata blieb davon verschont. Lok wird es ihm zu danken wissen!

Statistik

Auswechslungen: Lok: Kischko ab 28. für Trommer, Wunderlich ab 39. für Kreer; FC Sachsen: Kirsten ab 46. für Kühn, Röhrborn ab 57. für Lüdtke;

Torschütze:1:0 Lindner (70./Foulstrafstoß);

Zuschauer: 9 500;

Spielwertung:6; Torschüsse: 8:6 (3:3); verschuldete Freistöße: 14:16 (6:9); Eckbälle: 6:4 (2:2); Chancen: 5:3 (3:2); Abseits:3:4 (2:3);

Verwarnungen: 1. FCL: Kracht (wegen unsportlichen Betragens), Hobsch;

FC Sachsen: Leitzke, Ferl (alle wegen Tretens), Baum (wegen Zufallbringens eines Gegners);

Feldverweis: Saager (1. FCL/28. wegen Tretens eines frei durchlaufenden Spielers).

Schiedsrichter: Kirschen (Frankfurt/O.): Jederzeit Herr der Situation. Feldverweis wie Verwarnungen waren unanfechtbar.

Kommentar

Ein Prestige-Spiel? Natürlich! Beide machten kein Hehl daraus: Können wir schon nicht gewinnen, so wollen wir doch auf keinen Fall verlieren. Loks Gedanken: Wir bleiben die Nummer 1 im Leipziger Fußball. Sachsen-Reaktion: dem leicht favorisierten Gegner zeigen, was wir drauf haben! Für den FC Sachsen kam die Reifeprüfung zu früh. Das Problem: erneut kein Tor geschossen. Frage: welcher Sachsen-Spieler schießt das erste? Die Enttäuschung hielt sich in Grenzen. Nicht einmal 10 000 Zuschauer wollten das Derby sehen. Das war wirklich enttäuschend.

..So schwach sind wir doch nicht“

Chemnitzer FC-FC Vorwärts Frankfurt (Oder) 2:0 (0:0)

Von UWE WICHERT

Beim Chemnitzer FC, vor Saisonbeginn in einer Trainer-Umfrage von fuwo eindeutig zum Meisterschaftsfavoriten gestempelt, läuft es noch nicht nach Wunsch. Wir haben in der ersten Halbzeit so schwach gespielt, wie wir es eigentlich nicht sind „, meinte der Chemnitzer Trainer Hans Meyer nach dem Spiel mit ironischem Unterton, ohne aber auch die feine Leistung des Oberliga-Neulings Frankfurt zu verschweigen.

Es war wie ein Signal für die Frankfurter, als der lange Rath schon in der zweiten Minute auf und davon zog, den Ball nur noch vom schnell heraus laufenden Torwart Schmidt abgejagt bekam. Ohne Scheu, ballsicher und auch mannschaftlich besser harmonierend, zogen die Frankfurter ihr Spiel auf. Rath leistete ein Riesen Pensum als einzige Spitze, wurde allerdings wechselweise von Bennert, Kuhlee und Duckert wirkungsvoll unterstützt. Und in der Abwehr sorgte Libero Kuhlke mit großer Übersicht für Ordnung. Er vertrat Hause, der nach Platzverweis noch gesperrt ist. Hinzu kam, daß der schmächtige Soutschek wie eine Klette an Steinmann hing. Er machte dem keineswegs schwachen Chemnitz-Star das Leben schwer.

Nach der Pause ging Chemnitz erheblich energischer zur Sache. Ge- fährliche Schüsse von Mehlhorn (47.), Heidrich (52.), Keller (74.). Dagegen standen nur zwei Frankfurter Chancen (Bennerts Freistoß in der 62. Minute, Kulkes Solo/79.). Der Sieg geht in Ordnung, weil Chemnitz über längere Zeit Druck machte“, meinte Frankfurt-Trainer Frieder Andrich. Für Chemnitz schlugen die Neuen zu: Krämer verwandelte eine Kopfballvorlage, und dann erlöste Dzurjak, der ungarische Torschützenkönig der vorigen Saison, Chemnitz mit dem 2:0.

Spiel-Statistik

Auswechslungen: Chemnitz: Dzurjak ab 70. für Heidrich, Neuhäuser ab 70. für D. Müller: Frankfurt: Ukrow ab 77. für Prause, Westphal ab 89. für Rath;

Torfolge: 1:0 Krämer (78), 2:0 Dzurjak (83.)

Zuschauer: 5 450; Spielwertung:5; Torschüsse: 17:8 (5:5):

verschuldete Freistöße: 13:22 (6:14): Eckbälle: 5:5 (4:3); Chancen: 7:3 (1:2); Abseits: 3:2 (2:2);

Verwarnungen: Chemnitz: Barsikow wegen Foulspiels;

Frankfurt: Prause wegen Tretens, Woyde wegen Foulspiels;

Schiedsrichter: P. Müller (Dresden). Tadellose Leistung.

Kommentar

Im Vorjahr waren Rico Steinmann und Steffen Heidrich vom Chemnitzer FC in der Oberliga ein gefürchtetes Gespann. Ihr ständiges Wechselspiel zwischen Angriffsspitze und Mittelfeld machte die beiden schwer ausrechenbar. Heidrich schoß zwölf Tore, Steinmann acht eine der Grundlagen für die Vize-Meisterschaft. Bisher war von dem Wechselspiel nur wenig zu sehen. Warum? Heidrich hat noch nicht seine Form gefunden,“ meint Trainer Hans Meyer. Vielleicht gibt es bald neue taktische Varianten, wenn die Neuen Krämer und Dzurjak ihren Konditionsrückstand aufgeholt haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner