DDR-Oberliga 1990/91 – 3.Spieltag

Fuwo 36 3.9.90

OL 3. Spieltag

Die Lage

Mit Hansa Rostock muß man rechnen

Rostock frohlockt. Am späten Freitagabend war Uwe Reinders mit der Hansa-Elf nach dem 2:0 gegen Brandenburg Tabellenführer! Der Platz an der Sonne ging zwar am Sonnabend wieder verloren, aber Hansa stimmte sich auf Höhenluft schon einmal ein und der zupackende Stil der Rostocker machte klar: mit ihnen müssen Erfurt, Chemnitz und Dresden rechnen, wenn die Plätze für die Bundesliga vergeben werden.

Erfurt teilt sich nach dem 0:0 im „Spiel des Tages“ gegen den Chemnitzer FC nun die Tabellenführung mit Rostock und Cottbus. Energie erreichte mit 5:1-Punkten eine vielversprechende Ausgangsposition. Eine Überraschung? Mitnichten.

Chemnitz, allein noch ohne Gegentor, und Cottbus sorgten dafür, daß ihr Aufeinandertreffen am Mittwoch zu einem Schlager wird! Auf die positive Ausbeute der Gastgeber (4 Siege, 2 Unentschieden, 12:7 Tore) warf nur Sachsen Leipzig einen Schatten. Drei Tore, erster Doppelpunktgewinn – das 3:1 in Frankfurt im Duell der Aufsteiger lief den Gästen runter wie Öl. Ob ihnen am Mittwoch gelingt, was dem 1. FC Lok Libero Lindner ist nach letzten Meldungen nun auch noch ein,,heißer“ Kandidat für den 1.FC Köln – diesmal gegen Eisenhüttenstadt (0:0) versagt blieb, nämlich ein Sieg? Allerdings: Eisenhüttenstadts Abwehrrecken beherrschen das Defensivspiel!

Vor Saisonbeginn undenkbar, jetzt Realität: Serienmeister FC Berlin und Jena nach drei Niederlagen am Tabellenende! Magdeburg bekam beim tor- reichsten Spiel des Wochenendes (4:3) wenigstens noch die Kampfkraft der Jenaer zu spüren. Selbst davon waren die Berliner weit entfernt. Ihre verzweifelten Bemühungen waren so frustrierend wie die Magerkulisse von 9 309 Besuchern. Unter 25 000 bis 30 000 Zuschau- ern ging da vor Jahren nichts, wenn die beiden Erzfeinde in emotionsgeladenen Derbys aufeinanderprallten. Der jetzige FC Berlin wird allergrößte Mühe haben, den direkten Einstieg in die zweite Bundesliga zu schaffen.

Spieler des Tages

An Baum führte kein Weg vorbei

fuwo vergab in der 3. Runde dreimal die „,8″ für herausragende Leistungen: an den Rostocker Fuchs, an den Magdeburger Rösler und an einen Strategen, der für den fusionierten FC Sachsen wie ein Lotto-Fünfer ist: Libero Frank Baum (34) – von seinen Freunden nur „Fränkie“ oder „Eisenfuß“ genannt- der Mann mit der stoischen Ruhe und der Cleverneß eines Strategen, der seinen“ Leutzschern in Training und Spiel unmißverständlich klarzumachen versteht, wer gemeinsam mit Ex-Auswahlkeeper Rene Mül- ler-den Ton angibt. Der 17fache DDR-Nationalspieler legte den Angriff des FC Vorwärts lahm. An dem stellungssicheren Leipziger führte kein Weg vorbei.,,In meinem Alter noch einmal in der Bundesliga zu spielen, wäre zu schön, um wahr zu sein“, sagte Baum vor Saisonbeginn. Stellte er in Frankfurt mit seiner Elf die Weichen dafür?

Fakten und Zahlen

40 709 Zuschauer (5816 im Schnitt pro Spiel) sahen die Spiele der 3. Runde. Gesamtresonanz: 128 537 (6 121 pro Spiel).

19 Tore (2,71 pro Spiel) erhöhten die Gesamttrefferzahl auf 54 (2,57 Ø pro Spiel).

Wieder zwei Rote Karten, diesmal für K. Schulz (Eisenhüttenstadt) und Chaloupka (FC Berlin). Es waren der 4. und 5. Feldverweis in dieser Saison, nachdem schon Hause (FC Vorwärts), Ludwig (Jena) und Saager (1. FC Lok) vom Platz gestellt worden waren.

Gelbe Karten (25/insgesamt 74) an Dowe (Rostock), U. Schulz (Brandenburg), Bühner, Schmidt (beide Erfurt), D. Müller, Krämer (beide Chemnitz), Wunderlich (1. FC Lok), Schnürer (Eisenhüttenstadt), Wosz, Rziha, Penneke (alle Halle), Weiß, Laeßig (beide Magdeburg), Fankhänel, Penzel, Böger (alle Jena), Fabulya, Sander (beide Cottbus), Chaloupka, Lenz, Korth (alle FC Berlin), Roth (Frankfurt) sowie Ma- jetschak, Ferl und Lüdtke (alle FC Sachsen).

Lok-Trauerspiel: Alles Durchschnitt

1. FC Lok Leipzig-Eisenhüttenstädter FC Stahl 0:0

Von GÜNTHER WIRTH

Alles, was heute in der DDR-Oberliga passiert, steht unter der Alternati- ve Bundesliga oder Amateur-Liga. Ein Verzweiflungskampf, der offensichtlich mancherorts die Kräfte lähmt. Ein anderes Fazit gibt’s für diese Begegnung nicht.

Für den 1. FC Lok Leipzig schien es bisher eine Selbstverständlichkeit, auch künftig oben mitzuspielen. Selbst unter dem Aspekt des Verkaufs profilierter (National-)Spieler wie Müller, Zötzsche, Scholz und Marschall. Doch mit den daraus erzielten Einnahmen weiß man offensichtlich nichts Rechtes anzufangen.

Keine ebenbürtigen Zugänge, kein gezielter, aufsehenerregender Einkauf.

Lok präsentiert sich jetzt als eine Mannschaft von Durchschnittsfußballern. Mehr nicht. Noch dazu „unerklärlich verunsichert“, wie Trainer Gunter Böhme etwas ratlos feststellte. Ich hätte sieben oder acht Mann auswechseln können“, meinte der Trainer resignierend. Und dann noch Informationen über Bundesliga-Angebote für Matthias Lindner. Klub-Präsident Peter Gießner blockt das noch alles ab: „Wir verkaufen nur dann, wenn wir wirtschaftlich dazu gezwungen werden, sportlich können wir uns das einfach nicht leisten.“

Erstaunlich selbstbewußt dagegen Eisenhüttenstadt. Trainer Günter Reinke durfte zufrieden sein: „Der Punktgewinn tut uns gut. Selbst ein Sieg war drin, hätten wir unsere Konter besser genutzt.“

Der Trainer brachte seine Truppe, die keine Stars hat, gut in Schwung. Ein bißchen verschämt hatte er in der fuwo-Umfrage vor der Saison sein heimliches Ziel durchblicken lassen: „Wir wollen in die zweite Bundesliga.“ Heute scheint das durchaus nicht so unrealistisch.

Da hat der 1. FC Lok Leipzig wohl größere Probleme.

Spielverlauf

Hoffnungsvoller Beginn für Lok Leipzig: 1. Minute Kopfball von Hobsch, 7. Minute: Halatas Rückpaẞ bringt nichts ein. In der 13. ist Hobsch rechts durch, Halata vergibt in der Mitte. Nach einer Viertelstunde ein großartiger Direktschuß von Lindner aus 25 Metern, den aber Rudwaleit hält. Eisenhüttenstadt kontert gefährlich, aber Bartz und K. Schulz schei- tern an Kischko. Zweite Halbzeit das gleiche Spiel – Lok mehr am Ball, aber ohne zwingende Chancen. Dagegen hat Eisenhüttenstadt auch nach der Roten Karte für K. Schulz noch gute Möglichkeiten.

Auswechslungen: Leipzig: Jedynak 3 ab 60. für Rische, Marx 3 ab 67. für Liebers; Eisenhüttenstadt: Backasch 1 ab 82. für Reinke, Lahn 1 ab 85. für Wittke

Zuschauer: 2 000

Spielwertung: 3; Torschüsse: 7:5 (3:2). verschuldete Freistöße: 13:17 (4:10); Eckbälle: 7:2 (2:1); Chancen: 5:4 (4:2). Abseits: 1:5 (1:3). Verwarnungen: Leipzig: Wunderlich (wegen Foulspiels), Eisenhüttenstadt: Schnürer (wegen Foulspiels);

Feldverweis: Eisenhüttenstadt: Karsten Schulz (61. wegen Foulspiels).

Schiedsrichter: Gläser (Breitungen). Hatte mit der spielerisch schwachen, aber fairen Partie keine Probleme. Die Rote Karte für K. Schulz kam zu Recht.

Rostock hatte ein paar Ideen mehr

FC Hansa Rostock-BSV Stahl Brandenburg 2:0 (1:0)

Von GÜNTER SIMON

In gleißendem Flutlicht wird mäßiges Niveau oft genug verschönt. Hier war es nicht nötig. Die Mannschaft fand über den Kampf zum Spiel. Sie tat viel für die Zuschauer und gewann verdient“, so formulierte Rostocks Trainer Uwe Reinders das verdiente Lob an seine Mannschaft.

Rostock war professionell eingestellt. In jeder Hinsicht. Hohes Tempo, geschickt von Schlünz variiert. Durchdachte Kombinationen in die Breite, vor allem jedoch über die Flügel. Dort rissen Röhrich (,,Er lieferte sich herrliche Zweikämpfe mit Ringk“, lobte Hansa-Präsident Robert Pischke) und Dowe die Lücken in der von Libero Voß gut organisierten Gästeabwehr. Und mit dem 20jährigen Fuchs lag ein Dribbler und Irrwisch auf der Lauer, den die Brandenburger nie aus den Augen verlieren durften.

,,Fuchs und Röhrich erinnern mich an Barthels und Drews, unsere große Flügelzange der 60er Jahre“, meinte der frühere Hansa-Nationalspieler Helmut Hergesell.

In diesen 90 umkämpften, von ausgesprochener Fairneß geprägten Minuten steckte eine Fülle an Klasseszenen. Beiderseits, wohlgemerkt! Gäste-Torwart Werner Zimmer hielt mehrere Unhaltbare“. Er ließ sich auch nicht auswechseln, als er mit dem Kopf gegen den Pfosten prallte (55.). Eine leichte Schädelprellung“, konstatierte BSV-Arzt Dr. Ulrich Müller.

Der größere Druck ging von Rostock aus. Die Mannschaft wirkte kompakter, aggressiver und einen Schuß ideenreicher. Aber in jedem zweiten Konter der Gäste steckte höllische Gefahr. Chancen hatten wir. Im Mittelfeld wirkten wir allerdings zu unruhig“, so Brandenburg-Trainer Eckhard Düwiger.

Und Kapitän Christoph Ringk: „Unsere erste Niederlage seit fünf Monaten. Sie wird uns nicht umwerfen!“

Spielverlauf

Beide Mannschaften offensiv! Schlünz prüft Stahl-Torwart Zimmer gleich fünfmal (2., 3./Kopfball, 14./Kopfball, 67., 77.). Riesenchancen für die Rostocker: Rillich (14.), Dowe (16.), Fuchs (40./Kopfball aus 10 Me- tern), Dowe (55./Innenpfosten), Fuchs (60./verzieht), Fuchs (Außennetz) und Röhrich (73.). Brandenburgs Ausgleich verhindern Kunath (62.) und März (65./köpft von der Linie). Beide Tore Maßarbeit: zuerst schließt Dowe eine Superkombination mit Flach schuß ab (24.), dann schießt Röhrich nach eigenem Pfostenabpraller, den Ball ins Dreieck (70.).

Statistik

Auswechslungen: Rostock: Lässig 2 (ab 79. für A. Schulz); Brandenburg: Jeske 4 (ab 46. für Blüthmann), Lange 2 (ab 78. für Gumtz).

Torfolge: 1:0 Dowe (24.), 2:0 Röhrich (70.). Zuschauer: 8 500.

Spielwertung: 7.

Torschüsse: 14:13 (5:5); verschuldete Freistöße: 19:11 (6:6). Eckbälle: 11:4 (6:2); Chancen: 12:6 (6:3); Abseits:4:2 (3:1).

Verwarnungen: Rostock: Dowe; Brandenburg: U. Schulz (beide wegen Foulspiels).

Schiedsrichter: Weise (Pößneck). Eine souveräne Partie zum Geburtstag (Glückwunsch zum 34.!). Laufstark, stets auf Ballhöhe. Guter Blick für Vorteilssituationen.

Achtung, am FC Sachsen kann man sich die Zähne ausbeißen

FC Vorwärts Frankfurt (Oder)-FC Sachsen Leipzig 1:3 (0:2)

Von PETER HENNIG Die Neulinge am dritten Spieltag unter sich. Da sollte man eigentlich davon ausgehen, daß der Gastgeber zeigt, wer Herr im Hause ist. Aber weit gefehlt. Um es auf den Punkt zu bringen: Bei Frankfurt ging zuviel rückwärts. Denn immer, wenn sie in Tornähe kamen, waren sie mit ihrem Latein am Ende. Zu langatmig wurden die Aktionen ausgeführt.

Die Leipziger erwiesen sich nahezu in allen Belangen überlegen und gewannen die meisten Zweikämpfe. Diese Heimvorstellung muß eine Lehre für alle unsere Spieler sein“, gab Trainer Frieder Andrich unumwunden zu. Damit will ich die wirklich gute Leistung von Sachsen keinesfalls schmälern. Doch wer im kommenden Jahr im bezahlten Fußball mitmachen will, der muß einfach mehr zeigen.“ Dabei hatte Frankfurts Trainer die Leipziger extra zweimal beobachtet!

Jimmy Hartwig, der Trainer des FC Sachsen, war dagegen besser aufgelegt: ,,Mein Team hat heute die taktischen Anweisungen bestens befolgt. Und dann verfügten wir mit Frank Baum und Rene Müller über zwei echte Leitfiguren. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich den 34jährigen Frank zehn Jahre jünger machen. Das wäre dann ein idealer Libero für die deutsche Nationalmannschaft. Aber auch so kann ich mir nur wünschen, daß er uns lange erhalten bleibt.“ Dazu deuteten Pinder oder Niedziella einiges für die Zukunft an. Da wird sich noch so manche Mannschaft an den Sachsen die Zähne ausbeißen.

Spielverlauf

Bei 17:2 Ecken für Frankfurt könnte man annehmen, die Mannschaft sei drückend überlegen gewesen. Ein Trugschluß. Ein Witzbold rief dann auch irgendwann: „Eckbälle kann man doch üben!“ Nur zwei-, dreimal gab es dabei Torgefahr durch Kulke. Dann die 33. Minute: Pinder gab eine harte Flanke von links herein, Frankfurts Torwart Schulze verrechnete sich total und lenkte den Ball ins eigene Tor. Auch nach dem Frankfurter Treffer zum 1:3 kam nie das Gefühl auf, daß der FC Sachsen noch verlieren könnte. Da spielten die Routiniers Baum und Müller ihre ganze Cleverness aus.

Statistik

Auswechslungen: Frankfurt: Ukrow 3 (ab 46. für Duckert), Kuhlee 2 (ab 70. für Prause); Leipzig: Röhrborn 2 (ab 81. für J. Kirsten).

Torfolge: 0:1 Härtel (11.), 0:2 Pinder (33.), 0:3 Ferl (48.), 1:3 Prause (61./Foulstr.).

Zuschauer: 1 600; Spielwertung: 6; Torschüsse: 13:9 (8:7); verschuldete Freistöße: 11:17 (6:7). Eckbälle: 17:2 (10:2). Chancen: 11:8 (7:4). Abseits: 4:2 (1:1).

Verwarnungen: Frankfurt: Roth (wegen Foulspiels); Leipzig: Majetschak, Lüdtke, Ferl (alle wegen Foulspiels).

Schiedsrichter: Hagen (Dresden). Er ließ sich von weiteren Foulstrafstoßforderungen Frankfurter Fans nicht verunsichern.

Erfurt-CFC 0:0

Elfmeter verschossen!

Räthe: Ich war irritiert!

Von DIETER BUCHSPIESS

Kann die Meinung von Erfurts Trainer Lothar Kurbjuweit, seine Mannschaft habe guten Fußball geboten und dafür Beifall verdient“, unwidersprochen bleiben? Klare Antwort: Wenn man von den Spiel- und Chan- cenvorteilen ausgeht, hätte Erfurt den dritten Saisonsieg durchaus verdient. Doch eben da lag der Hase im Pfeffer: selbst aus der drückenden Überlegenheit in der zweiten Halbzeit konnte Erfurt keinen Nutzen zu ziehen. Jener Spieler, der Erfurts knappen 1:0-Heimsieg gegen Chemnitz in der vergangenen Saison herausgeschossen hatte, war diesmal als Elfmeter- schütze (nach Foul von Barsikow an Nemec) der große Unglücksrabe: Heiko Räthe. Schon als er anlief, ahnten die meisten nichts Gutes. „Torhüter Jens Schmidt irritierte mich“, so entschuldigte der Verteidiger sein Versagen.

Warum kniff denn der „alte“ Romstedt? Aber warum stahl sich Routinier Armin Romstedt aus der Verantwortung? Später erzählte es Lothar Kurbjuweit: „Nachdem er in Vorbereitungsspielen zweimal gescheitert war, traute er sich einen erneuten Versuch nicht zu.“

Die Riesenmöglichkeit war vorbei, die Partie aus Erfurter Sicht in die gewünschten Bahnen zu lenken. Hans Meyer, der Chemnitzer Trainer, gestand es ehrlich ein: „Ein Rückstand nach knapp zwei Minuten hätte uns möglicherweise schnell den Nerv gezogen, denn meine Elf besitzt gegenwärtig noch lange nicht die Stabilität der letzten Serie.“

Man spürte es oft genug und vor allem bei der Absicht, den Gegner mit beherzten Kontern zu beeindrucken. Erneut unter Niveau: Heidrich, Mehlhorn. Und bei Krämer, dem Kraftbündel, lagen die Schüsse weit neben oder über dem Tor. Eine sogenannte „Hundertprozentige“ besaß Chemnitz nicht.

Fast der Todesstoß für den alten Klub

Vor einigen Monaten stürmte er noch für Chemnitz, jetzt stand er auf der Gegenseite: Jan Seifert hätte seinem alten Klub den Todesstoß verset- zen können, als ihm Nemec (44.) den Ball maßgerecht in den Lauf spielte. „Warum ich zögerte, anstatt sofort abzuschießen, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären“, meinte der diesmal für den gesperrten Vogel über die rechte Flanke kommende Angrei- fer. Im Vergleich zu Schmidt, der unermüdlich rackerte, keine Zweikämpfe scheute und ohne sichtbaren Kraftnachlaß in die Spitze sprintete, wirkte Seifert insgesamt schwerfällig. Warum kam Heun so spät für ihn? Die Zuschauer forderten seinen Einsatz lautstark; an Sympathie hat der Stürmer nichts eingebüßt!

Gab es die großen, herausragenden Regisseure auf dem Platz? Erfurts Mannschaftsleiter Hans-Günther Schröder über Armin Romstedt: „Sein Aktionsradius war leider nicht von gewohnter Qualität.“ Laudeley schränkte Romstedt ganz entscheidend ein, und diese taktische Variante war eine der wirkungsvollsten im Chemnitzer Konzept.

Was Rico Steinmann alles falsch machte

Und Steinmann gegen Linke? Da hielt der Erfurter kompromißlos gegen. Was am Nationalspieler mißfiel: zuviele unkontrolliert geschlagene Steilpässe. Und gerade sie beherrscht er doch, wie wir wissen, so meisterhaft.

Fazit: der heiße Atem eines Spitzenduells fehlte. Zumal Chemnitz später zu sehr die Flucht nach hinten antrat, fast ausschließlich auf Abwehr-Geschlossenheit baute, anstatt sich konsequent freizuspielen. Hätte man das nicht voraussetzen müssen?

Spielverlauf

Unbeeindruckt von der ausgelassenen Strafstoßchance dominiert Erfurt. Schmidt verzieht knapp (32.), dann bringt er Nemec und Räthe nach gu- tem Dribbling in gute Schusspositionen. Vergeben! Keine Gefahr für den stellungssicheren Disztl, als Krämer eine Chemnitzer Aktion mit 30-Meter- Distanzschuß abschließt. Aufstöhnen im weiten Rund: Seifert tändelt, wird schließlich abgeblockt (44.). Die eindrucksvollsten Szenen der 2. Halbzeit: Nemec geht halblinks, schlenzt den Ball mit dem Außenrist, Schmidt klärt (57.). Und nach Heun-Freistoß, den Schmidt prallen läßt, steht Romstedt im Abseits. Kein Tor – klare Sache.

Statistik

Auswechslungen: Erfurt: Heun 2 (ab 69. für Seifert), Abel 1 (ab 86. für Romstedt); Chemnitz: Köhler 2 (ab 69. für Heidrich), Dzurjak 1 (ab 85. für Krämer).

Zuschauer: 9 000

Spielwertung: 5; Torschüsse: 8:7 (3:3). verschuldete Freistöße: 20:22 (14:8), Eckbälle: 6:3 (2:2), Chancen: 4:1 (3:1); Abseits: 5:4 (3:3).

Verwarnungen: Erfurt: Schmidt, Bühner; Chemnitz: Krämer, D. Müller (alle wegen Tretens).

Schiedsrichter: Kirschen (Frankfurt/Oder).

Konsequent in seinen Entscheidungen schon in der 1. Minute (Foul Barsikow an Nemec) Strafstoß für Erfurt zu geben, dann einen Erfurter Treffer (71. Abseitsstellung von Romstedt) nicht anzuerkennen.

Für gutes Geld auch mehr bieten

FC Energie Cottbus-HFC Chemie 1:0 (1:0)

Von MANFRED BINKOWSKI

Unterm Strich zählen nur die Punkte. Erst recht in dieser Saison. Da sind diese fünf Punkte nach drei Spielen eine beachtliche Ausbeute. Die kann den Cottbusern keiner nehmen. Ansonsten war aber auch nach dem zweiten Heimspiel keiner so recht zufrieden, weder auf dem Rasen noch auf den Rängen.

Energie Cottbus, im Vorjahr zu Hause eine Macht (neun Siege, vier Unentschieden/25:9 Tore), hat derzeit ausgerechnet daheim Probleme. Dem 1:1 gegen Brandenburg folgte nun dieses mühevolle 1:0.

Da war die kritische Haltung von Trainer Fritz Bohla verständlich. Wer im bezahlten Fußball bleiben will, darf sich nicht mit ein paar starken Anfangsminuten zufrieden geben. „Da dachten einige wohl, es geht so weiter. Das war ja schon gegen Brandenburg ein Trugschluß.“ Für gutes Geld muß einfach mehr geboten werden. Was sich allein der routinierte Libero Frank Vogel an Schnitzern leistete, das ging schon über die berühmte Hutschnur. Zum Glück stand noch Ananiew hinter ihm, der sich nicht anstecken ließ.

Das Fünf-Mann-Mittelfeld erzielte zwar etwas Wirkung, aber das war alles nicht von langer Dauer. Und im Angriff konnte Alexandrow (litt an einer Magenverstimmung) nach vier Pokaltreffern in Görlitz seine Tor- jägerqualitäten auch nur andeuten. Wir sind an unserer mangelhaften Chancenverwertung gescheitert“, war Halles Klubvorsitzender Bernd Bransch enttäuscht.

Genauso sah es sein Trainer Bernd Donau: „Für ein Auswärtsspiel hatten wir viele Chancen. Wer sie jedoch nicht nutzt, der kann nur mit sich selber hadern!“ Außerdem brachte sich Halle mit vielen unnötigen Fouls vor dem eigenen Strafraum (Rziha, Penneke) in Gefahr. Aber auch daraus vermochten die enttäuschenden Gastgeber kein Kapital zu schlagen.

Spielverlauf

Cottbus startet im Feuerwehrtempo, hat nach wenigen Sekunden die erste Großchance (Schwanke), bald da- nach noch drei (Sander, Alexandrow, der gleich zweimal an Adler scheitert). Das erweist sich bald als Strohfeuer. Halle streift die Hemmungen ab, er- spielt sich zwei Riesenmöglichkeiten, die ebenfalls nicht genutzt werden (Nowotny, Schülbe). Fast mit dem Pausenpfiff gelingt Sander im Nachschuss der Siegestreffer. Nach dem Wechsel setzt sich Halle stärker in Szene, läßt aber auch weiterhin gute Chancen verstreichen (Nowotny).

Statistik

Auswechslungen: Cottbus: Fochler 2 (ab 61. für Alexandrow), R. Vogel 2 (ab 79. für 1. Schneider); Halle: Lorenz 2 (ab 69. für Tret- schok), Möhring 2 (ab 69. für Nowotny). Torschütze: Sander (45.)

Zuschauer: 7 300;

Spielwertung: 5; Torschüsse: 14:11 (10:6);

verschuldete Freistöße: 16:28 (7:15). Eckbälle: 6:4 (4:2). Chancen: 6:3 (5:2). Abseits: 1:5 (0:2).

Verwarnungen: Cottbus: Sander (wegen Handspiels), Fabulya; Halle: Wosz, Rziha, Pen- neke (alle wegen Foulspiels)

Schiedsrichter: M. Müller (Gera). Er hatte die Fäden stets in der Hand. Über die eine oder andere Entscheidung in einer kämpferischen Begegnung kann man geteilter Meinung sein.

FC Berlin: Amateurhafte Fehler! Was kommt nun?

1.FC Dynamo Dresden-FC Berlin 4:1 (1:0)

VON ANDREAS BAINGO

Ein Spiel, das nahezu zwei Jahrzehnte ein „Knaller“ war, kochte in seiner 51. Auflage eher auf Sparflamme. Es war in erster Linie Schuld des Rekordmeisters aus Berlin. Er leistete sich erneut kapitale Fehler in der engeren Abwehr. Trainer Peter Rohde sprach von amateurhaften Fehlern gegen eine nicht gerade überragende Dresdener Elf“ und zog den deprimierenden Schluß:,,So kann man in der Oberliga nicht bestehen!“

Ursprünglich wollten die Berliner ihre Abwehr mit dem Wiedereinsatz von Herzog stabilisieren. Noch aber ist der Manndecker nach einer Verletzung nicht so weit. „Am Mittwoch wird es noch nichts mit mir, dann aber will ich es packen“, so der vermißte Auswahlverteidiger. Der Rekordmeister geriet auch deswegen so deutlich auf die Verlierer- straße, weil bei den Dresdenern vieles klappte. Torsten Gütschow traf endlich wieder das Tor. Mir fiel beim 1:0 ein Stein vom Herzen“, gab der Torjäger zu. Der junge Libero Mario Kern krönte dann seine gute Partie mit einem wunderschönen Tor. Nicht zuletzt Sergio Allievi gab eine kluge Antwort, als er bereits ausgewechselt werden sollte.

„Ich hatte die Tafel mit meiner Nummer schon gesehen, da kam zum richtigen Zeitpunkt der richtige Ball“, stellte der frühere Kaiserslauterer fest. Er gab aber auch selbstkritisch zu: „Eine Auswechslung wäre zu jenem Zeitpunkt völlig berechtigt gewesen, denn ich spielte sehr verkrampft.“

So schoß sich der Neu-Dresdener an die Spitze der Torjägerliste und den Dynamos die ersten Sorgenfalten von der Stirn. Schließlich erntete Trainer Reinhard Häfner Lacher, als er nach einem Lob gerade für die jüngeren Spieler meinte: „Aus Angst schoß Allievi ein Tor.“

Spielverlauf

Der Torschützenkönig der zwei vergangenen Jahre mußte knapp 200 Minuten auf seinen ersten Saisontreffer warten. Gütschows Einzelleistung zum 1:0 war sehenswert und die Ab- wehr der Berliner (Reich, Ksienzyk) blamabel (18.). Libero Kern gelang mit einem Schuß aus 25 Metern ins linke obere Dreieck nicht nur sein erstes Oberligator, sondern auch das schönste dieses Spiels. Allievi traf zweimal auf die gleiche Art: Die Eingaben kamen von links, der Torschütze visierte das lange Eck an. Sehenswert war aber auch der Treffer des Berliners Lenz aus einem direkten Freistoß heraus.

Statistik

Auswechslungen: Dresden: Däbritz 4 ab 39. für Stübner, Ratke 2 ab 66. für Minge; Berlin: Küttner 2 ab 63. für Korth, Boer 2 ab 68. für Rehbein.

Torfolge: 1:0 Gütschow (18.), 2:0 Kern (53.), 3:0, 4:0 Allievi (60., 75.), 4:1 Lenz (78.).

Zuschauer: 9 309; Spielwertung: 5. Torschüsse: 12:3 (7:2); verschuldete Freistöße: 22:18 (13:15); Eckbälle: 5:4 (3:1); Chancen: 9:3 (5:1); Abseits: 2:3 (0:2).

Verwarnungen: Berlin: Chaloupka (wegen Ballwegschlagens), Lenz (wegen Foulspiels), Korth (wegen Handspiels);

Feldverweis: Chaloupka (50. wegen absichtlichen Handspiels). Schiedsrichter: Roßner (Gera). Nach der neuen Linie blieb ihm bei der Roten Karte keine andere Wahl. Im großen und ganzen sicher.

Sieben Tore!,,So stelle ich mir Fußball vor!“

1. FC Magdeburg-FC Carl Zeiss Jena 4:3 (1:1)

Von KLAUS RENNER

Magdeburgs Trainer Siegfried Mewes schwärmte nach dem Schlußpfiff und nach dem nervenaufreibenden Spiel mit sieben Toren: „Genauso stelle ich mir Fußball vor!“

Tatsächlich, wenn immer und überall so leidenschaftlich zur Sache gegangen würde, müßten die Klubs nicht über Zuschauermangel klagen. Natürlich war der Kommentar von Carl Zeiss Jenas Trainer Bernd Stange von anderen Gedanken geprägt. Er meinte etwas traurig:,,Wenn drei Auswärtstore nicht ausreichen, um zu gewinnen, dann ist klar, wer unser Spiel verloren hat.“ Und mit diesem Hinweis sind wir genau bei dem Punkt, der dieses dramatische Spiel entschied.

Jenas Hintermannschaft kam trotz eines Liberos Heiko Peschke, der in- zwischen beim 1. FC Köln unterschrieb, ein ums andere Mal bei hohen Bällen, vor allem aber bei Standardsituationen arg in Bedrängnis. Die Magdeburger diktierten fast über die gesamte Distanz das Spiel. Stahlmann tauchte wie gewohnt torgefährlich im Gästestrafraum auf. Erst nach dem 1:0 änderte Jena die Taktik und hatte damit zeitweise sogar Erfolg.

Doch dann war da bei Magdeburg noch ein Uwe Rösler. Zuletzt herb kritisiert, weil ihm kein Torerfolg mehr gelang. Dann platzte bei ihm vor einer Woche der Knoten, als er in Stralsund den einzigen Treffer zum 1:0-Pokalerfolg erzielte. Gegen Jena setzte sich diese Linie fort. Er drückte dem Spiel immer mehr seinen Stempel auf. Sein Tor zum 2:1 löste bei Magdeburg alle Bremsen.

In diese Phase hinein kam dann der Gegenschlag von Holetschek. Er wirkte wie eine kalte Dusche. Nachdem Heyne beim 2:3 keine glückliche Figur abgab, drehten die Magdeburger noch einmal auf und gewannen verdient.

Spielverlauf

In der 22. Minute geht es los: Nach einem abgewehrten Eckball nimmt Cebulla den Ball direkt zum 1:0. Jenas Libero Peschke holt Laeßigs Kopfball von der Linie (29.). Klee erzielt das 1:1 (45.). Nach Laeßigs Eingabe trifft Köhler den Ball nicht voll, Rösler macht das 2:1 (50.). Holetscheks 30-m-Schuß schlägt unhaltbar im Magdeburger Tor ein (2:2/55.). Der konsternierte Heyne läßt danach einen haltbaren Direktschuß von Klee passieren (2:3/63.). Nach einem der vielen Eck- bälle erzielt Laeßig mit dem Kopf das 3:3 (69.). Einen Minkwitz-Freistoß aus halblinker Position köpft Köhler zum 4:3 ein (83.).

Statistik

Auswechslungen: Magdeburg: Enge 3 (ab 49. für Cebulla), Schwerinski 2 (ab 68. für Weiß); Jena: Weber 3 (ab 62. für Lesser).

Torfolge: 1:0 Cebulla (22.), 1:1 Klee (45.), 2:1 Rösler (50.), 2:2 Holetschek (55.), 2:3 Klee (63.), 3:3 Laeßig (69.), 4:3 Köhler (83.).

Zuschauer: 3 000; Spielwertung: 8; Torschüsse: 6:12 (2:5);

verschuldete Freistöße: 15:24 (6:10); Eckbälle: 11:11 (4:2);

Chancen: 6:4 (3:2); Abseits: 5:4 (3:1).

Verwarnungen: Magdeburg: Weiß, Laeßig: Fankhänel, Penzel, Böger (wegen Foulspiels).

Schiedsrichter: Peschel (Radebeul). Nach gutem Beginn bereits gegen Ende der ersten Halbzeit unsicher. War dem schnellen, zum Schluß hektischen Spiel nicht gewachsen (Vorteilsauslegung, Abseits).

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